Brecht die Pendlerregeln!

Veröffentlicht auf von Der Elch

Zugfahren kann eine Kunst sein! Und zugleich ein Psychologiestudium!

 

Ja, man lernt viel, wenn man täglich sechs mal umsteigt. Vermutlich habe ich Finessen kennen gelernt, welche noch nie jemandem aufgefallen sind. Oder welche zu unwichtig sind, um sie festzuhalten. Doch alles sinnlose gehört in einen Blog. Oder schonmal einen interessanten Blog gelesen...?

 

Etwas ist mir im Folgenden wichtig. Ich bin kein belästigungs-Elch. Ich bin ganz ein normaler, netter und junger Elch. Keinesfalls bin ich eine Art Stalker oder sowas. ich fahre bloss zu viel Zug, täglich drei Stunden. Da bleibt einem nichts anderes übrig, als solche Muster zu erkennen:

 

Lektion 1: Wie man Leute zum Vorbeilaufen bringt

 

Jeder kennt es; es wäre einem jeder und jede lieber, als dieser tropfend Kebabessende, der sich in wenigen Sekunden einem gegenüber setzen möchte. Oder es steigt ein spiessiger Banker ein, doch man hätte lieber eine Bankerin gegenüber. Dann bedarf es nur einem kleinen stillen Husten. So still, dass es der einsteigende nur unterbewusst wahrnimmt. Doch es genügt, um das Abteil als "Krank - nicht geeignet" zu markieren. Und schon läuft der Typ vorbei, ohne auch nur daran zu denken, sich dort setzen zu sollen. ;-)

 

Lektion 2: Wow - sie soll im Blickfeld sein!

 

Folgende Situation: Beim Anstehen an der Zugtür steht euch eine hübsche Dame gegenüber, sie verschwendet gar ein Lächeln an euch. Wie ihr wisst, ist der Blickkontakt der Anfang von nicht weniger als... allem. Bei der Platzsuche hat es jetzt oberste Priorität, in Gegenfahrtrichtung zu sitzen. Denn kein Schweizer würde jemals freiwillig auf Fahrtrichtung verzichten. Auch sie nicht. Zudem soll der Abstand zwischen euch nicht mehr als zwei, drei Abteile sein. Also nur etwas weiter durch den Gang laufen als ihr sonst würdet, beim Hinsetzen etwas trödeln, damit ihr nicht auf der falschen Seite sitzt - und tadaaa: Blickkontakt, ein Date, eine Heirat, drei Kinder und ein weisser Gartenzaun. :-)

 

Lektion 3: Aus Langeweile Verwirrung stiften

 

In der Schweiz gibt es ungeschriebene Pendlerregeln. Nicht ungeschrieben, weil es nicht offiziell wäre, sondern weil es zu viele Seiten in Anspruch nähme. Nach zwei Stunden Zugfahrt wird einem bald langweilig. Um das zu verhindern, macht es Spass, absichtlich Verwirrung zu stiften. Setzt euch also in einem fast leeren Wagen ins Abteil, bzw. in die Privatsphäre, von der einen Person im Wagen. Ihr brecht damit Regel 1 "Du sollst stets ein neues Abteil beginnen." und Regel 2 "Du sollst dich in Fahrtrichtung setzen.". Der gehäuselte Blick des Gegenübers ist Preislos! :-D

 

Lektion 4: Wie man Pendler/-innen glücklich macht

 

Du bist einer der wenigen Glücklichen im Wagen, die eine Zeitung ergattert haben. Die ungeschriebene Regel 3 "Du sollst die Zeitung als dein Eigentum ansehen." gilt es hier zu brechen, denn niemand mag diese Regel. Es gibt sie trotzdem. Du hast bestimmt gemerkt, dass Dein Gegenüber ab und zu einen verlegenen Blick auf die neben Dir liegende Zeitung wirft. Bietet die Zeitung an: Euer Gegeüber wird Euch für immer im Herzen behalten. Und vielleicht zu einem Kaffe einladen. (Weil man soeben die Schweigebarriere gebrochen hat. Regel 4 "Du sollst unter keinen Umständen aufhören zu schweigen, auch wenn ihr das beide nicht wollt.")

 

Lektion 5: Wie man Menschen völlig sinnfrei dazu bringt, eine Stunde zu stehen

 

Ihr hattet einen schlechten Tag, alles ist scheisse (vergleiche Artikel "Was ist alles?"). Selbstverständlich seid ihr so gut und möchtet das Leiden mit den Mitmenschen teilen, nicht wahr? Steigt also in den Zug ein und bleibt beim Eingang stehen. Die Regel 5 besagt nämlich "Bleibt jemand beim Eingang stehen ist der Wagen voll.". Jeder nachfolgende bleibt nun stehen und der Wagen ist tatsächlich überfüllt - jedenfalls beim Eingang. Der Wagen selbst bleibt jedoch leer. Es ist nämlich allen zu peinlich, sich jetzt noch anders zu entscheiden. (Regel 6 "Alles ist peinlich.") Ihr könnt noch einen draufsetzen und euch doch noch in den Wagen setzen. So habt ihr endlich wieder etwas zu schmunzeln und eure schlechte Laune habt ihr auf 15 Mitmenschen übertragen können. ;-D

 

Lektion 6: Reicht ein Nastuch rüber!

 

Es gibt ungeschriebene Pendlerregeln, welche niemandem helfen und dennoch existieren. So zum Beispiel folgende: 7. "Du sollst auf keinen Fall das Schweigen brechen (vgl. Regel 4), oder zur Hilfe eilen, auch wenn die Arme im anderen Abteil das Nasenbluten des Jahrhunderts hatt." oder 8. "Du sollst keinesfalls der jungen Mutter helfen, den Kinderwagen aus dem Wagen zu tragen. Auch nicht, wenn du der einzig anwesende bist." oder 9. "Du sollst das Fenster nicht schliessen." (vgl. Regel 6 "Alles ist peinlich.") Brecht diese Regeln! Bitte! Es werden nämlich sogar Pendlerregeln wie Numéro 10. beachtet "Du sollst tun als wäre nichts, wenn der Typ negen dir auf dem Perron grundlos verprügelt wird." Mensch, vergesst die Regeln! :'(

 

Lektion 7: Rette den Terminplan der Mitpendler

 

Leider besagt Regel 6 "Alles ist peinlich.", dass man an der Endstation niemanden wecken darf. Auch wenn man genau weiss, dass die Person umsteigen muss. Auch hier wieder: Brecht die Regel! Dem/der schlafenden ist das zwar äusserst peinlich, doch ihr habt deren Terminplan gerettet. Und vielleicht habt ihr gar einen neuen Eintrag ausgelöst. "Kaffee trinken mit Elch - 17.30 Uhr" Zudem kenne ich mehrere Personen, welche an der Endstation die Scheibe einschlagen mussten, weil sie im Zug vergessen gingen.

 

So. Ich denke das reicht fürs Erste! :-) Habt Spass und seid Hilfsbereit! Oder nützet die Macht des regelbrechenden Pendlers und lasst alle im Eingang stehen! =D

 

Liebe Grüsse, ein pendlender Elch

 

Veröffentlicht in Erlebnisse

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